30.11.2024
Aleppo Erneut Kriegsschauplatz Syrischer Konflikt Flammt Wieder Auf

Syrien: Ein neuerlicher Kriegsschauplatz in Aleppo

Nach acht Jahren relativer Ruhe ist der Krieg in Syrien mit der Einnahme Aleppos durch Rebellen, die von Idlib aus operieren, erneut aufgeflammt. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, kam dieser schnelle Vormarsch für viele Beobachter, einschließlich des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, überraschend. Aleppo, die zweitgrößte Stadt Syriens, war bereits bis 2016 Zentrum heftiger Kämpfe. Die Eroberung Aleppos durch das Regime im Jahr 2016, die mit massiver Zerstörung und Vertreibung einherging, wurde als entscheidender Sieg für Assad und seine Verbündeten gewertet. Die damalige Kapitulation der Rebellen, erzwungen durch Belagerung und Bombardierung, endete mit der Evakuierung der Überlebenden nach Idlib. Die Bilder der zerstörten Stadt und die Flugblätter mit der Drohung "Wenn ihr nicht schnell geht, werdet ihr ausgelöscht" unterstrichen die Härte des Regimes.

Die aktuelle Offensive der Rebellen unter der Führung der islamistischen Gruppe Hayat Tahrir al-Scham (HTS) wirft neue Fragen zur Zukunft Syriens auf. Die Tagesschau berichtet von über 200 Toten, darunter auch Zivilisten. Wichtige Versorgungsrouten zwischen Damaskus und Aleppo wurden von den Rebellen unterbrochen, und zahlreiche Städte und Dörfer wurden erobert. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldet die Flucht vieler Menschen aus dem Westen Aleppos in die östlichen Stadtteile. Die Rückeroberung strategisch wichtiger Gebiete durch die Dschihadisten, darunter Städte, Dörfer und Hügel am westlichen und südlichen Stadtrand von Aleppo sowie an der internationalen Straße von Damaskus, gilt als bedeutender Erfolg.

Die Einnahme Aleppos durch die Rebellen erinnert an die Anfänge des Aufstands. Ähnlich wie 2011 und 2012 werden Assad-Flaggen gegen die Flagge der Opposition ausgetauscht und Bilder der iranischen Führung von den Wänden entfernt. Die damalige Hoffnung auf einen schnellen Sturz Assads, vergleichbar mit den Ereignissen in Tunesien, Libyen und Ägypten, wird neu entfacht. Die Situation in Syrien ist jedoch komplex. Neben dem Regime und den Rebellen spielen auch die kurdisch dominierten SDF (Demokratischen Kräfte Syriens) und die Türkei eine wichtige Rolle. Die von den USA unterstützten SDF haben Truppen zum Schutz kurdischer Viertel nach Aleppo entsandt. Beobachter vermuten, dass die Türkei, die Truppen in Idlib stationiert hat und die HTS unterstützt, eine entscheidende Rolle bei der aktuellen Offensive spielen könnte. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der wiederholt Verhandlungen mit Assad über die Rückführung syrischer Flüchtlinge gefordert hat, könnte die Offensive der Rebellen als Druckmittel gegen das Regime nutzen.

Assad steht nun vor der Herausforderung, seine Macht zu erhalten. Wie die Süddeutsche Zeitung analysiert, sind seine Verbündeten geschwächt: Die Hisbollah durch den Krieg gegen Israel, der Iran durch internationale Sanktionen. Russland, das Assad in der Vergangenheit militärisch unterstützt hat, konzentriert sich derzeit auf den Krieg in der Ukraine. Obwohl die russische Luftwaffe Angriffe auf Aleppo geflogen hat, forderte der Kreml die syrische Führung zur "Wiederherstellung der Ordnung" auf, was darauf hindeutet, dass Russland keine direkte militärische Intervention plant. Die Heinrich-Böll-Stiftung kommentiert die Situation in Syrien und verweist auf die anhaltende Gewalt des Assad-Regimes gegen Zivilisten. Willkürliche Verhaftungen, Folter und die Bombardierung von Wohnvierteln und Krankenhäusern seien Ausdruck der Rache des Regimes an seinen Gegnern.

Die Rückkehr der Rebellen nach Aleppo markiert ein neues Kapitel im syrischen Bürgerkrieg. Die kommenden Tage und Wochen werden zeigen, ob Assad die Offensive stoppen und seine Macht behaupten kann oder ob die Rebellen weiter vorrücken und den Krieg in eine neue Phase treiben. Die Angst vor Vergeltung, sowohl von Seiten des Regimes als auch von Seiten der Rebellen, ist allgegenwärtig. Die Hoffnung auf Frieden in Syrien bleibt schwach. n-tv berichtet von tiefem Misstrauen in der Bevölkerung und der Angst vor Rache an Kollaborateuren des IS. Die tiefen gesellschaftlichen Gräben und die Konflikte zwischen verschiedenen Gruppen lassen einen Bürgerkrieg befürchten.

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