Im ehemaligen Kloster Himmelpforte bei Wernigerode im Landkreis Harz haben Archäologen faszinierende Einblicke in die Vergangenheit des historischen Ortes gewonnen. Die Ausgrabungen, die Teil eines umfangreichen Forschungs- und Ausstellungsprojektes sind, förderten die gut erhaltenen Überreste der Klosterkirche sowie zahlreiche Artefakte zutage, die vom Alltag der Augustiner-Eremiten zeugen.
Die Ausgrabungen konzentrierten sich zunächst auf die Klosterkirche, die sich als dreischiffige Pfeilerbasilika von beeindruckender Größe entpuppte. „Die gotische Kirche war wenigstens 40 Meter lang“, erklärte Projektleiter und Archäologe Felix Biermann vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Die sehr gut erhaltenen Steinplatten- und Ziegelfußböden sind von eindrucksvoller Qualität. Das Gotteshaus wurde mehrfach um- und ausgebaut.“ (dpa, 02.10.2024)
Besonders bemerkenswert sind zwei verzierte Grabplatten aus dem 15. und frühen 16. Jahrhundert, die im Fußboden der Kirche entdeckt wurden. Eine der Platten zeigt das Bildnis der Adligen Claudia von Königstedt aus dem Jahr 1520. Die detailreiche Darstellung der Frau in zeitgenössischer Tracht mit langem, geflochtenem Haar und Rosenkranz zeugt von der Kunstfertigkeit der damaligen Steinmetze. „Die kunstvolle Steinmetzarbeit wirkt erstaunlich frisch“, so Biermann.
Neben den Grabplatten förderten die Archäologen eine Fülle weiterer Funde zutage, die ein lebendiges Bild vom Alltag im Kloster Himmelpforte zeichnen. Darunter befanden sich Ofenkacheln, Buchschließen, Fragmente von Glas und Keramik, Pilgerzeichen, Münzen, Metallgeschirr, bronzene Schreibgriffel für Wachstafeln sowie Überreste von sakralen Textilien, sogenannten Paramenten. Diese Fundstücke lassen erahnen, wie das Leben der Mönche im Mittelalter ausgesehen haben mag.
Südlich der Kirche erstreckte sich die Klausur, der Wohn- und Lebensbereich der Mönche. Die Anlage bestand aus drei Flügeln, die einen Kreuzhof umgaben, der wiederum von einem Kreuzgang gesäumt war. Auch hier stießen die Archäologen auf gut erhaltene Fußböden aus Steinplatten und sechseckigen Ziegelfliesen. Im Westflügel entdeckten sie zudem Hinweise auf eine Warmluftheizung, die vermutlich aus dem 14. Jahrhundert stammt. Solche Heizsysteme waren aufwendig und teuer, weshalb sie vor allem in Burgen, den Häusern wohlhabender Bürger und eben in Klöstern zu finden waren. Ihr Vorteil: Sie ermöglichten die rauchfreie Beheizung größerer Räume.
Im Jahr 1525, während des Bauernkriegs, wurde das Kloster Himmelpforte von aufständischen Bauern und Bürgern aus Wernigerode erstürmt und geplündert. Ein Barbier aus Wernigerode, der als Rädelsführer der Plünderung identifiziert wurde, wurde zum Tode verurteilt, jedoch kurze Zeit später begnadigt und aus der Grafschaft verbannt. Das Augustiner-Eremitenkloster Himmelpforte, das auch als Himmelpforten bekannt war, wurde vor 1253 vom niederadeligen Geschlecht von Hartesrode gegründet. 1516 empfing das Kloster sogar den Reformator Martin Luther (1483-1546) als Gast. Nach der Säkularisation des Klosters während der Reformation verfielen die Gebäude und wurden später fast vollständig abgetragen.
Die archäologischen Ausgrabungen in Himmelpforte, die noch bis zum 10. Oktober laufen, sollen im kommenden Jahr fortgesetzt werden. Sie sind Teil eines umfangreichen Ausstellungs- und Vermittlungsprojektes, das vom Bund mit rund 540.000 Euro und vom Land Sachsen-Anhalt mit 360.000 Euro gefördert wird. Die Funde und Erkenntnisse aus den Grabungen sollen in Zukunft der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und einen faszinierenden Einblick in die Geschichte des Klosters Himmelpforte und seiner Bewohner ermöglichen.
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