Der Nationale Normenkontrollrat sieht erste Erfolge beim Bürokratieabbau in Deutschland, fordert aber gleichzeitig deutlich mehr Engagement von der Bundesregierung. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (F.A.Z.) berichtet, müssten die Bürokratiekosten und der Aufwand für die Umsetzung neuer Regelungen in den nächsten vier Jahren um ein Viertel sinken, um Unternehmen spürbar zu entlasten. Dies würde einer jährlichen Einsparung von fünf Milliarden Euro entsprechen.
Lutz Goebel, Vorsitzender des Normenkontrollrats, lobte zwar die Ankündigung der Bundesregierung, jährlich neue Entlastungspakete auf den Weg zu bringen, bezeichnete das Lob angesichts der nach wie vor hohen Bürokratiebelastung jedoch als „verhalten“. Besonders die fehlenden konkreten Ziele für den geplanten Abbaupfad stoßen auf Kritik. „Deutschland ist und bleibt ein kompliziertes Land, das sich eingemauert hat in eine Vielzahl von Regeln und Verfahren“, bemängelte Goebel gegenüber der F.A.Z.. Diese seien zwar gut gemeint, bremsten aber in der Summe Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft und schränkten die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Hand ein.
Dennoch erkennt der Normenkontrollrat erste Fortschritte. Erstmals seit 2019 kommen nicht kontinuierlich neue Belastungen hinzu. Stattdessen wird die Wirtschaft um rund 433 Millionen Euro entlastet, vor allem durch einen geringeren Informationsaufwand für Unternehmen. „Die Bemühungen der Bundesregierung zum Bürokratieabbau beginnen sich auszuzahlen“, so Goebel. Allerdings muss die Verwaltung einen Anstieg der Kosten um 821 Millionen Euro schultern.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) betonte laut tagesschau.de, dass der Befund im Berichtszeitraum von Juli 2023 bis Juni 2024 erstmals seit Jahren positiv sei. „Wir sind auf dem richtigen Weg!“, so Buschmann. Er verwies auf das „Meseberger Entlastungspaket“, das das „größte Bürokratieabbau-Programm in der Geschichte unseres Landes“ darstelle. Das kürzlich verabschiedete Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) sei Teil dessen, ziehe aber ebenfalls Kritik auf sich. Buschmann sieht auch die EU in der Pflicht: Bürokratieabbau gelinge nur, wenn auch die EU die Trendwende einleite.
Besonders belastend sind nach wie vor die Vorgaben aus Brüssel. Laut Normenkontrollrat ist die EU-Richtlinie über Nachhaltigkeitsberichte (CSRD-Richtlinie) mit 39 Prozent derzeit der größte Kostentreiber für Unternehmen. Die Richtlinie soll unter anderem die Bemühungen in den Bereichen Klimaschutz und Gleichstellung der Geschlechter dokumentieren. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) kritisiert die neuen Vorgaben, die die Entlastungsschritte konterkarieren. Die Umsetzung der CSRD-Richtlinie in deutsches Recht verursache eine Belastung von 1,6 Milliarden Euro, während die entlastende Wirkung des gesamten BEG IV mit rund einer Milliarde Euro beziffert werde, so die BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner.
Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation könne Bürokratieabbau wie ein Konjunkturprogramm zum Nulltarif wirken, betonte Goebel. Neben dem Gesetz zum Bürokratieabbau leiste auch die im Sommer beschlossene Wachstumsinitiative einen Beitrag. Positiv hervorgehoben wird im Bericht der „Praxischeck“, der Gesetze so vereinfachen soll, dass unnötige Hürden für die Umsetzung abgebaut werden. Auch eine verstärkte Digitalisierung der Verwaltung könne zum Bürokratieabbau beitragen. Hier seien zwar bereits Vorschläge des Normenkontrollrats aus der Vergangenheit aufgegriffen worden, Veränderungen müssten aber schneller und entschlossener angegangen werden.
Der Normenkontrollrat hofft, dass durch den „Digitalcheck“ mit klaren Vorgaben aus dem Bundesinnenministerium, den „Bürgercheck“ aus dem Bundeskanzleramt und das Zentrum für Legistik aus dem Bundesjustizministerium eine neue Philosophie der Gesetzgebung entstehen kann, die Recht einfach und praxistauglich macht.
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