Der Wunsch nach einer schlankeren und effizienteren Verwaltung ist ein Dauerbrenner in der deutschen Politik. Doch die Realität sieht anders aus: Bürokratische Hürden belasten Unternehmen zunehmend und treiben sie ins Ausland. Eine aktuelle Ifo-Umfrage im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen, wie die Zeit am 25. Oktober 2024 berichtete (https://www.zeit.de/news/2024-10/25/ifo-umfrage-buerokratie-treibt-unternehmen-aus-deutschland), bestätigt diesen Trend und zeigt alarmierende Zahlen.
Von den 1.763 befragten Unternehmen gaben fast 91 Prozent an, dass die Bürokratie seit 2022 zugenommen hat. In der Industrie liegt dieser Wert sogar bei 95 Prozent. Die Folgen sind gravierend: Knapp 46 Prozent der Unternehmen haben aufgrund von Verwaltungshürden geplante Investitionen in Deutschland zurückgestellt. Noch besorgniserregender ist die Tatsache, dass fast 18 Prozent der Unternehmen Investitionen ins Ausland verlagern wollen, um den bürokratischen Hürden in Deutschland zu entgehen. Besonders betroffen sind große Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern: Hier plant ein Viertel die Verlagerung von Investitionen ins Ausland.
Die Unternehmen beklagen insbesondere das Lieferkettengesetz, aufwändige Genehmigungsverfahren, vor allem im Baubereich, und das komplizierte deutsche Steuerrecht. Die Ifo-Umfrage zeigt auch, dass die Unzufriedenheit mit der Bürokratie bei den größten Unternehmen am höchsten ist. Von den 57 größten deutschen Familienunternehmen, die an der Umfrage teilnahmen, erwägen 42,6 Prozent eine Verlagerung ins Ausland. Die Autoren der Studie, darunter Ifo-Umfragechef Klaus Wohlrabe, bezeichnen dieses Ergebnis als „besonders gravierend“. Der Unmut richtet sich dabei weniger gegen die kommunalen Verwaltungen, sondern vielmehr gegen die Länder und den Bund. Während 43 Prozent der Unternehmen positive Erfahrungen mit Gemeinde- oder Stadtverwaltungen machten, waren nur 7 Prozent mit Land und Bund zufrieden.
Ein weiterer Kritikpunkt der Unternehmen ist die mangelnde Digitalisierung der Behördenvorgänge. Ein Großteil der Kommunikation muss immer noch auf Papier erfolgen. Auch dort, wo digitale Kommunikation möglich ist, funktioniert sie häufig nicht reibungslos. Nur 8,5 Prozent der Unternehmen gaben an, dass die digitale Kommunikation mit den Behörden problemlos abläuft.
Die Stiftung Familienunternehmen fordert, wie bereits in den Vorjahren, von der Politik Verbesserungen und Entlastung für die Unternehmen. Stiftungsvorstand Rainer Kirchdörfer zeigte sich angesichts der Ergebnisse der Ifo-Umfrage „wütend“. Die Stiftung fordert unter anderem einen „Praxischeck“ für neue Vorschriften, schnellere Verfahren, den Ausbau der Digitalisierung und die Beschränkung auf „wesentliche Angaben“ bei behördlichen Anfragen.
Auch andere Quellen berichten über die zunehmende Bürokratiebelastung für Unternehmen in Deutschland. So berichteten die Deutschen Wirtschaftsnachrichten am 15. August 2024 über den Abbau und die Abwanderung der deutschen Wirtschaft aufgrund hoher Energiekosten und schlechter politischer Rahmenbedingungen (https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/710080/goodbye-germany-abbau-und-abwanderung-der-deutschen-wirtschaft). Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) veröffentlichte am 19. Juni 2024 eine Studie, die zeigt, dass 36 Prozent der Solo-Selbstständigen darüber nachdenken, Deutschland zu verlassen, vor allem aufgrund der hohen Bürokratiebelastung (https://www.iwkoeln.de/presse/pressemitteilungen/oliver-stettes-holger-schaefer-zu-viel-buerokratie-treibt-selbstaendige-ins-ausland.html).