30.11.2024
Deutschlands Autoindustrie im Umbruch Strategien für eine erfolgreiche Transformation

Herausforderungen und Chancen der deutschen Automobilindustrie im Wandel

Die deutsche Automobilindustrie befindet sich in einem tiefgreifenden Transformationsprozess. Die Umstellung auf Elektromobilität, der zunehmende globale Wettbewerb und die hohen Produktionskosten in Deutschland stellen die Branche vor erhebliche Herausforderungen. Ein vom Bundeswirtschaftsministerium eingesetzter Expertenkreis hat laut der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) ein Konzept zur Stärkung des Automobilstandorts Deutschland entwickelt, welches auf eine Kombination aus regulatorischen Maßnahmen, finanziellen Anreizen und Investitionen in die Infrastruktur setzt.

Professor Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) äußerte in einem Interview mit der „aktiv“, die Automobilindustrie habe Geschwindigkeit und Umfang der Transformation zur Elektromobilität unterschätzt. Es genüge nicht, lediglich Elektroautos zu produzieren, sondern die gesamte Wertschöpfungskette, einschließlich der Batterieproduktion, müsse kontrolliert werden. China habe durch frühzeitige Investitionen in diesem Bereich einen Wettbewerbsvorteil erlangt, während deutsche Hersteller erst später in die Batteriefertigung eingestiegen seien.

Neben der Batterietechnologie sei laut Bratzel auch Software-Kompetenz entscheidend für zukünftige Innovationen. Deutsche Hersteller müssten gegebenenfalls Partnerschaften mit spezialisierten Unternehmen eingehen, um mit dem hohen Innovationstempo Chinas Schritt halten zu können. „aktiv“ berichtet, dass BMW im CAM-Ranking für Innovationen in Serienmodellen zwar knapp vor chinesischen Herstellern liege, aber der Abstand gering sei. Um die Entwicklungszeiten zu verkürzen, kooperieren deutsche Hersteller wie Volkswagen und Audi bereits mit chinesischen Firmen.

Ein weiteres Problem stellen die hohen Produktionskosten in Deutschland dar, wie Bratzel gegenüber „aktiv“ erklärte. Hohe Arbeits-, Energie- und Verwaltungskosten gefährdeten die Wettbewerbsfähigkeit. Er plädiert für einen „Deutschland-Pakt“ zwischen Herstellern, Zulieferern, Gewerkschaften und Politik, um die Transformation erfolgreich zu meistern. Eine klare politische Unterstützung der Elektromobilität, einschließlich Kaufanreizen, Ausbau der Ladeinfrastruktur und günstigeren Strompreisen, sei unerlässlich. Das Ziel von 15 Millionen Elektroautos bis 2030 hält Bratzel für unrealistisch, sieben bis acht Millionen seien erreichbar, wenn die richtigen Maßnahmen ergriffen würden.

Die Transformation der Automobilindustrie betrifft nicht nur deutsche Hersteller. Die FAZ berichtet, dass auch andere Länder massiv in die Branche investieren. So habe ein tschechischer Milliardär das Kleinkalibergeschäft des US-Unternehmens Vista Outdoor übernommen und sei damit zum führenden Hersteller von Kleinkalibermunition in der westlichen Welt aufgestiegen.

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) analysierte in einer Studie die internationalen Patentanmeldungen im Automobilsektor. Demnach stammen fast 90 Prozent aller internationalen Patentanmeldungen aus nur sechs Ländern. Deutschland führt diese Liste an, China hat seine Anmeldungen zwischen 2015 und 2020 verdreifacht. Ein Großteil der chinesischen Patente betrifft den elektrifizierten Antriebsstrang, insbesondere Batteriezellen. In Deutschland stagnierte die Transformation im Jahr 2020, während sie sich in anderen Ländern beschleunigte.

Die Digitalisierung spielt eine zentrale Rolle im Wandel der Automobilindustrie. Wie die Weissenberg Group berichtet, verändern sich die Kundenbedürfnisse. Der Besitz eines Autos verliert an Bedeutung, Mobilität als Service gewinnt an Relevanz. Neue Technologien wie das Internet der Dinge und die Blockchain ermöglichen neue Geschäftsmodelle. Die Automobilhersteller müssen sich vom reinen Hardware- zum Softwarehersteller entwickeln, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Ein Policy Brief der Prognos AG im Auftrag der Bertelsmann Stiftung verdeutlicht am Beispiel der deutschen Automobilindustrie die globale Vernetzung der Wertschöpfungsketten. Auch wenn der Großteil der Wertschöpfung in Deutschland stattfindet, leisten auch andere Länder, wie die USA, China und Russland, wesentliche Beiträge. Eine erfolgreiche Transformation erfordert daher internationale Zusammenarbeit und politische Steuerung entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

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