Lange Zeit profitierten Lebensversicherer von einem stabilen Zinsumfeld. Ihre langlaufenden Kapitalanlagen mit festen Zinssätzen erwiesen sich als attraktiv im Vergleich zu anderen Anlageprodukten. Doch die Zeiten haben sich geändert. Mit der einsetzenden Inflation und der darauffolgenden Zinswende sehen sich Lebensversicherer vor neuen Herausforderungen gestellt. Wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) berichtet, sitzt die Assekuranz nun auf einem Portfolio, dessen Rendite unter dem aktuellen Marktzins liegt.
Die niedrigen Zinsen der Vergangenheit zwangen die Lebensversicherer dazu, ihren Kunden niedrige Garantiezinsen anzubieten. Nun, da die Zinsen wieder steigen, werden alternative Anlageformen für Sparer wieder attraktiver.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sieht die Situation der Lebensversicherer durch den Zinsanstieg zwar kurzfristig verbessert, warnt aber gleichzeitig vor den langfristigen Risiken. In einem Artikel des BaFinJournals vom 05.05.2023 heißt es, dass ein abrupter Zinsanstieg in signifikantem Ausmaß eines der wesentlichen Risiken für das Finanzsystem darstelle.
Herbert Schneidemann, Chef der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV), teilt diese Einschätzung. Im Gespräch mit dem "Handelsblatt" erklärte er, dass die Zinswende zu einer heterogenen Entwicklung bei den Lebensversicherern führen werde. Während einige von der Situation profitieren könnten, würden andere vor großen Herausforderungen stehen.
Zu den Profiteuren zählen laut Schneidemann vor allem Anbieter, die hauptsächlich Versicherungen mit kurzen Restlaufzeiten im Bestand haben und gleichzeitig wenig Geld in festverzinsliche Wertpapiere investiert haben. Diese könnten nun von höheren Renditen in der Neuanlage profitieren.
Schwieriger wird es für Unternehmen mit einem hohen Bestand an langlaufenden Anleihen. Deren Marktwert ist durch die gestiegenen Zinsen gesunken, was zu stillen Lasten in den Bilanzen führt.
Ein weiteres Problem stellt die hohe Inflation dar. Laut Schneidemann erwirtschaften Lebensversicherungen im Schnitt eine laufende Verzinsung von 2,02 Prozent. Bei einer Inflationsrate von zuletzt 7,5 Prozent ergibt sich daraus eine negative Realverzinsung. Für die Lebensversicherer bedeutet dies, dass sie ihre Kunden davon überzeugen müssen, trotz der aktuell schwierigen Situation weiter für ihre Altersvorsorge zu sparen.
Um den Herausforderungen der Zinswende zu begegnen, müssen Lebensversicherer ihre Strategien anpassen. Dazu gehört es, die Kosten im Blick zu behalten und die Kapitalanlage breiter aufzustellen.
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