Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die gezielte Tötung von Hizbullah-Chef Hassan Nasrallah als „Abrechnung mit einem Massenmörder“ bezeichnet. „Er war nicht nur irgendein Terrorist, sondern der Terrorist schlechthin“, sagte Netanjahu vor Medienvertretern in Tel Aviv. Es war seine erste öffentliche Äußerung, nachdem das israelische Militär den libanesischen Schiiten-Führer am Freitag in Beirut getötet hatte. Wie die FAZ berichtet, fuhr Netanjahu fort: „Solange Nasrallah am Leben gewesen wäre, hätte er die (militärischen) Fähigkeiten, die wir der Hizbullah genommen haben, schnell wiederhergestellt. Deshalb habe ich die Order gegeben – und Nasrallah ist nicht mehr unter uns.“
Zudem warnte Netanjahu den Iran vor einem Angriff auf Israel: „Und an das Regime der Ajatollahs sage ich: Wer uns angreift, den greifen wir an“ mit Blick auf die Führung in Teheran. „Es gibt keinen Ort im Iran oder im Nahen Osten, den Israels langer Arm nicht erreichen kann“, warnte er.
In einer Fernsehansprache am Samstagabend sagte Netanjahu, er sehe sein Land nach der Tötung Nasrallahs an einem „historischen Wendepunkt". Mit dem Luftangriff auf Nasrallah habe Israel mit demjenigen „abgerechnet, der für die Ermordung zahlloser Israelis und vieler Bürger anderer Länder verantwortlich ist, darunter Hunderte von Amerikanern und Dutzende von Franzosen". 1983 waren bei einem Hizbullah-Doppelanschlag in Beirut fast 300 Soldaten aus den USA und Frankreich getötet worden.
Israel habe nun offenbar einen „historischen Wendepunkt" im Kampf gegen seine Feinde erreicht, fügte Netanjahu hinzu. Israel sei entschlossen, diesen Kampf fortzusetzen. Die Tötung des Hizbullah-Chefs erhöht nach Ansicht des israelischen Regierungschef die Chancen für die Freilassung der im Gazastreifen festgehaltenen israelischen Geiseln. „Je mehr (Hamas-Anführer Jahja) Sinwar sieht, dass die Hisbollah ihm nicht mehr zu Hilfe kommt, desto größer sind die Chancen für die Rückkehr unserer Gefangenen", sagte Netanjahu.
Der Iran hat den israelischen Angriff auf Hizbullah-Chef Hassan Nasrallah als Kriegsverbrechen verurteilt. „Die zionistischen (israelischen) Angriffe sind ein eindeutiges Kriegsverbrechen und die Reaktion des Westens darauf ist ein Armutszeugnis“, sagte Präsident Massud Peseschkian laut Webportal des Präsidialamts. Den USA warf er vor, den Angriff genehmigt und somit Mitschuld am Tod Nasrallahs zu haben.
„Dieser Terrorakt der Zionisten (Israels) hat zwar eine tiefe Wunde hinterlassen, den Widerstand aber noch weiter gestärkt“, so der Präsident. Der Iran stehe weiterhin an der Seite der Hizbullah und der antiisraelischen Widerstandsfront. Wie zuvor Irans oberster Führer Ali Chamenei bezeichnete Peseschkian die Hisbollah als unbesiegbar.
Am Samstagnachmittag fand in der Hauptstadt Teheran eine staatlich organisierte Trauerzeremonie für Nasrallah statt. Bei dem Trauerzug wurde der Hizbullah-Chef als „unsterblich“ gewürdigt. Tausende riefen „Rache, Rache“ und forderten eine konsequente Reaktion der Regierung gegenüber Israel. Die Hizbullah gehört zu den wichtigsten Verbündeten Irans im Kampf gegen Israel.
Der oberste geistliche Führer des Irans, Ayatollah Ali Chamenei, rief fünf Tage Staatstrauer aus. Er spreche sein „Beileid für das Martyrium des großen Nasrallah und seiner als Märtyrer gestorbenen Gefährten\" aus, erklärte Chamenei laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna am Samstag.
Frankreich verlangt von Israel ein sofortiges Ende der Luftangriffe auf den Libanon. Frankreich sei auch gegen eine israelische Bodenoperation im Libanon, erklärt Außenminister Jean-Noel Barrot. Nach einem Telefonat mit dem libanesischen Ministerpräsidenten Nadschib Mikati fordert Barrot zudem die Hizbullah und den Iran auf, alles zu unterlassen, was zu einer weiteren Destabilisierung der Region führen könnte.
Nach dem Tod von Hizbullah-Chef Hassan Nasrallah hat Israels Militär eigenen Angaben zufolge einen hochrangigen Geheimdienstkader der libanesischen Schiiten-Miliz getötet. Durch einen gezielten Luftangriff sei Hassan Chalil Jassin, der Leiter einer Geheimdienstabteilung, die an der Planung von Raketenangriffen auf Israel mitwirkt, in einem südlichen Vorort von Beirut „eliminiert“ worden, teilte die Armee mit. Jassin soll persönlich an der Planung und Vorbereitung von Angriffen auf israelische Zivilisten und Soldaten beteiligt gewesen sein.
Der Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat das Vorgehen der israelischen Armee gegen die Hizbullah-Miliz als „brutale Aggression\" und „Vernichtungskrieg\" bezeichnet. In einer am Samstag veröffentlichten Mitteilung der Palästinenserbehörde hieß es zudem, Abbas spreche „der libanesischen Regierung und dem libanesischen Brudervolk\" sein „aufrichtiges Beileid für den Märtyrertod der zivilen Opfer\" aus.
Syrien verurteilte den israelischen Angriffe ebenfalls. Das Außenministerium in Damaskus erklärte, Israel habe durch die „verachtenswerte Aggression\" seine „“Verachtung für das Völkerrecht\" bestätigt.
Das israelische Militär hat die Menschen in Teilen des Libanons aufgefordert, sich von Hizbullah-Einrichtungen fernzuhalten und sich bis auf Weiteres in Sicherheit zu bringen. Die Warnung gilt für die Bewohner der Bekaa-Ebene im Osten des Landes, für die südlichen Vororten der Hauptstadt Beirut und für den Südlibanon, wie es in einem Aufruf hieß, den ein israelischer Militärsprecher in arabischer Sprache veröffentlichte.
Viele Menschen in den von der Hisbollah kontrollierten Gebieten wissen allerdings oft nicht, welche Gebäude von der Schiitenmiliz genutzt werden.
Solche Evakuierungsaufrufe des Militärs sind in der Regel ein Anzeichen für bevorstehende neue israelische Angriffe.
Nach der Tötung von Hizbullah-Chef Hassan Nasrallah hat Israels Armeechef Herzi Halevi die Möglichkeit eines Einmarsches in den benachbarten Libanon angedeutet. Er habe eine Lagebeurteilung abgeschlossen und die Pläne für das Nordkommando der Streitkräfte gebilligt, sagte er im Hauptquartier des Kommandos in der nordisraelischen Stadt Safed. „Herausfordernde Tage liegen vor uns“, fügte er in einem Video hinzu, das die Armee veröffentlichte.
Die israelische Armee sei „in höchster Alarmbereitschaft, sowohl in defensiver als auch offensiver Hinsicht, an allen Fronten“. Sie sei gerüstet für das, was als Nächstes komme.
Außenministerin Annalena Baerbock hat die Lage im Nahen Osten nach dem Tod von Hizbullah-Chef Nasrallah als „brandgefährlich“ bezeichnet und deutliche Kritik an Israels Vorgehen erkennen lassen. „Es droht die Destabilisierung des ganzen Libanons. Und das ist in keinster Weise im Interesse der Sicherheit Israels“, sagte die Grünen-Politikerin in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.
Es bestehe die Gefahr, dass die ganze Region weiter in die Gewaltspirale reinrutsche. Deshalb habe Deutschland am Donnerstag in New York gemeinsam mit den USA, Frankreich und etlichen arabischen Ländern eine 21-tägige Waffenruhe in Nahost gefordert, um eine diplomatische Lösung in dem Konflikt zu erzielen.
„Das Gegenteil ist jetzt passiert“, so Baerbock. „Und jetzt mit den jüngsten Meldungen muss man deutlich sagen: Die Militärlogik, das ist die eine, mit Blick auf die Zerstörung von Hizbullah-Terroristen. Aber die Sicherheitslogik ist eine andere.“
Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben erneut ein Ziel in einem südlichen Vorort der Hauptstadt Beirut angegriffen. Weitere Details nannte die Armee zunächst nicht. Ersten Berichten aus dem Libanon zufolge wurde der Vorort Chiyah getroffen. Zunächst gab es keine Informationen zu Schäden oder möglichen Opfern des Angriffs.
Quellen:
- https://www.faz.net/aktuell/politik/krieg-in-nahost/liveticker-zum-krieg-in-nahost-netanjahu-nach-nasrallah-toetung-historischer-wendepunkt-faz-19972506.html - https://www.faz.net/aktuell/politik/krieg-in-nahost-israel-bombardiert-weiter-hizbullah-ziele-in-beirut-110014950.html - https://www.bild.de/politik/ausland/news-ausland/palaestinenser-terror-in-der-nacht-raketen-beschuss-auf-israel-85661094.bild.html - https://newstral.com/de