Die Automobilindustrie erlebt derzeit einen tiefgreifenden Wandel, insbesondere durch das Aufkommen neuer Marken aus China, die in den europäischen Markt drängen. Trotz der technologischen Fortschritte und der attraktiven Preismodelle, die diese Fahrzeuge bieten, zeigen sich viele deutsche Verbraucher skeptisch, insbesondere in Bezug auf den Datenschutz. Eine aktuelle Studie des Centers of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach beleuchtet diese Bedenken und deren Auswirkungen auf die Kaufentscheidungen der Verbraucher.
Die Umfrage, die im Juli 2024 durchgeführt wurde, zeigt, dass für etwa ein Drittel der Autofahrer in Deutschland der Schutz vor Hackerangriffen ein entscheidendes Kriterium beim Kauf eines Neuwagens darstellt. Besonders auffällig ist, dass 43 Prozent der Befragten Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit als Ausschlusskriterium für den Kauf eines Fahrzeugs aus China angeben. Dies deutet darauf hin, dass das Vertrauen in die neuen chinesischen Automarken wie MG, BYD und Nio stark eingeschränkt ist, da lediglich 16 bis 17 Prozent der Befragten diesen Herstellern in Bezug auf Datenschutz vertrauen.
Im Gegensatz dazu haben deutsche Automarken wie Mercedes, BMW und Volkswagen einen deutlich höheren Vertrauensvorschuss. Laut der Studie vertrauen 39 Prozent der Befragten Mercedes, 37 Prozent BMW und 32 Prozent Volkswagen in Bezug auf die Sicherheit ihrer Daten. Ford und Opel folgen mit jeweils 26 Prozent, während Toyota mit 29 Prozent ebenfalls gut abschneidet. Diese Zahlen verdeutlichen, dass die etablierten deutschen Hersteller in der Wahrnehmung der Verbraucher als sicherer gelten.
Die Sorgen um den Datenschutz sind nicht nur auf die Automobilindustrie beschränkt, sondern werden auch durch geopolitische Entwicklungen beeinflusst. Die Diskussion um den Ausschluss von Huawei beim Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes hat offenbar negative Auswirkungen auf das Vertrauen in chinesische Automobilhersteller. Experten warnen, dass diese Wahrnehmung für die neuen Marken ein ernsthaftes Problem darstellen könnte, da sie in einem bereits umkämpften Markt bestehen müssen.
Die Studie bietet jedoch auch einen Ausblick auf mögliche Chancen für die deutsche Autoindustrie. Christian Korff, Mitglied der Geschäftsführung bei Cisco in Deutschland, hebt hervor, dass der Datenschutz als Verkaufsargument genutzt werden kann. „Datenschutz made in Germany“ könnte zu einem neuen Exportschlager werden und als Markenzeichen für die Zukunft der deutschen Automobilindustrie dienen. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, müssen die Hersteller jedoch in Sicherheitsarchitekturen für vernetzte Fahrzeuge investieren.
Die Hersteller sind gefordert, offen mit den Risiken umzugehen, die durch Hackerangriffe und Datenklau entstehen können. Stefan Bratzel, der die Studie mit Cisco erstellt hat, betont, dass es wichtig ist, das Thema aus der „Schmuddelecke“ zu holen. „Es wird Angriffe geben, und dann entscheidet sich, welche Plattform widerstandsfähiger ist“, sagt Bratzel. Die Fallhöhe für deutsche Hersteller ist hoch, da sie derzeit von den Verbrauchern Vertrauen genießen. Ein einziger Vorfall könnte dieses Vertrauen jedoch schnell verspielen.
Die Bedenken der Verbraucher hinsichtlich des Datenschutzes stellen eine erhebliche Hürde für chinesische Automarken dar, die versuchen, in den deutschen Markt einzutreten. Während die etablierten deutschen Hersteller von einem Vertrauensvorschuss profitieren, müssen die neuen Wettbewerber Wege finden, um das Vertrauen der Verbraucher zu gewinnen. Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass der Datenschutz nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch ein entscheidendes Verkaufsargument in der heutigen Automobilbranche ist.
Die Umfrage wurde von YouGov im Auftrag des CAM durchgeführt und befragte 1149 Autofahrer aus ganz Deutschland.
Quellen: dpa, Center of Automotive Management (CAM), Cisco Systems