Die Wiener Staatsoper sorgte zum Saisonauftakt mit Verdis „Don Carlo“ in der Inszenierung von Kirill Serebrennikow für Aufsehen. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (F.A.Z.) berichtet, erntete die Inszenierung, die in einem sterilen Kostümlabor angesiedelt ist, Buhrufe vom Publikum.
Serebrennikow, der im Programmheft selbstkritisch auf die Schwierigkeit der Regiearbeit bei diesem Verdi-Meisterwerk hinweist, verlegt die Handlung in ein modernes Museum für historische Kostüme. Die aufwendige An- und Ablegeprozedur der prachtvollen Gewänder wird zum zentralen Element, das die erstarrte spanische Hofgesellschaft und ihre erstickende Etikette symbolisiert.
Die Museumsmitarbeiter schlüpfen im Laufe des Stückes in die Rollen der historischen Figuren, mit Ausnahme Rodrigo Posas, der als Aktivist gegen Konsum und Textilverschwendung rebelliert. Die „F.A.Z.“ kritisiert jedoch die Umsetzung der Protestaktion auf der Opernbühne, die den Demonstranten zu Statisten degradiere.
Trotz der Kritik an Serebrennikows Inszenierung hebt die „F.A.Z.“ die herausragende Leistung des Sängerensembles hervor. Insbesondere Asmik Grigorian als Elisabeth wird für ihre außergewöhnliche Bühnenpräsenz und ihren differenzierten Gesang gelobt. Auch Étienne Dupuis als Posa und Eve-Maud Hubeaux als Eboli überzeugen mit ihren Interpretationen.
Dirigent Philippe Jordan setzt auf eine zügige Interpretation der Mailänder Fassung von 1884, die jedoch, so die „F.A.Z.“, durch den Wegfall des ersten Aktes an dramaturgischer Geschlossenheit einbüßt. Trotz vereinzelter Kritikpunkte am Orchester, lobt die „F.A.Z.“ das Zusammenspiel zwischen den Holzbläsern und Asmik Grigorian in Elisabeths großer Szene „Tu che le vanita“ als „pure Magie“.
Die lautstarken Buhrufe gegen die Inszenierung während der Vorstellung führten schließlich dazu, dass Dirigent Philippe Jordan vor dem letzten Akt mit der weißen Fahne winkte – ein seltener Anblick, der die Ernsthaftigkeit des Publikums in der Wiener Staatsoper unterstreicht.
Quelle: F.A.Z.